Blitz | Sexueller Missbrauch ist ein Thema

Präventionsprojekt SpielGrenze stärkt Kinder

Im vergangenen Jahr sind in Deutschland die Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern gestiegen. Das geht aus der polizeilichen Kriminalitätsstatistik des Bundesinnenministers hervor, die am Mittwoch vorgestellt wurde. Wie die Zeitung „Die Welt“ vorab berichtete, erhöhte sich die Zahl um rund fünf Prozent auf 12.444 Taten. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen. „Auch im Barnim ist der sexuelle Missbrauch ein Thema“, sagt Anke Sieber vom Dreist e.V. in Eberswalde.

Seit 15 Jahren berät der Verein Opfer von sexuellem Missbrauch und ist zudem in der Prävention tätig. In der vergangenen Woche wurde das Präventionsprojekt SpielGrenze des Eberswalder Vereins in der Bruno- H.-Bürgelschule in Eberswalde durchgeführt. Unter dem Namen „SpielGrenze“ sollen Kinder lernen sich zu wehren und zu behaupten.

Das Projekt baut auf drei Zielgruppen – den Kindern, den Eltern und den Lehrern. „Sich nur auf die Kinder zu fokussieren macht keinen Sinn. Denn das würde bedeuten, dass allein sie in der Verantwortung stehen“, so Anke Sieber.

Im Mittelpunkt des Projektes steht ein Puppenspiel für die Kinder. Clara, die Hauptfi gur, erlebt keine Situation von sexuellem Missbrauch, wohl aber Alltagssituationen, die ihr unangenehm sind. Im Stück lernt Clara, dass es okay ist, auch als Kind einmal nein zu sagen, wenn die Situation unangenehm ist. „Es gibt eben diese alltäglichen Grenzverletzungen. Das kann ein ungewolltes Küsschen für die Oma oder eine Umarmung für ein Geschenk sein“, sagt Anke Sieber.

Aber eben diese kleinen Alltagssituationen können den Kindern ein falsches Bild vermitteln. „Wir wollen die Kinder ermutigen sich klar zu äußern, wenn ihnen die Situation unangenehm ist. Wir machen sie stark, dass es gar nicht erst zum Missbrauch kommt“, so Sieber weiter. Neben den Kindern stehen aber auch die Lehrkräfte im Fokus des Projektes. An mindestens zwei Tagen erhalten die Lehrkräfte und Erzieher Fortbildungen. Dabei werden Basisund Hintergrundinformationen zum sexuellen Missbrauch vermittelt. „Im zweiten Schritt zeigen wir, welche Präventionsmöglichkeiten es im Kita- und Schulalltag gibt“, erklärt Anke Sieber. Es werden konkrete Situationen aufgriffen und entsprechende Handlungsstrategien gemeinsam entwickelt. Auch werden die Lehrer aufgeklärt, wie sie sich bei Verdachtsmomenten verhalten sollten.

Im dritten Schritt rücken die Eltern in den Fokus. Auf einem Elternabend stehen die Mitarbeiter des Vereins Rede und Antwort. Dabei werden die Strategien der Täter, Schutzmaßnahmen durch die Eltern und welche Anzeichen auf einen Missbrauch hindeuten aufgezeigt. „Mit dem Projekt holen wir alle ins Boot und beraten umfassend. Insgesamt sind wir pro Durchgang gut einen Monat an einer Einrichtung“, erklärt Anke Sieber. Mit der Eberswalder Bürgelschule gibt es seit mehreren Jahren eine gute Zusammenarbeit. „Uns ist es wichtig, das Projekt als Tradition für alle folgenden zweiten Klassen weiterzuführen“, sagt Andrea Gräfe, die Präventionsbeauftragte der Schule. Am Montag erhielten dort die Schüler der zweiten Klassen umfassende Informationen.

„Für uns ist dieses Thema wichtig. Ich denke, man sollte ganz zeitig damit anfangen. Wir möchten, dass die Kinder früh gerüstet sind und wissen, was sie machen müssen, dass es Ansprechpartner gibt und dass sie sich nicht alles gefallen lassen müssen“, so die Sonderpädagogin weiter. Auch wenn der sexuelle Missbrauch immer noch ein Tabuthema ist, rückt es in den Blick der Schulen. Das zeigt sich auch am Interesse an den Beratungsangeboten. So wurde das Projekt seit 2007 in 26 Kitas und sechs Grundschulen der Region durchgeführt. Das sind über 440 Erzieher und Lehrer sowie rund 1.700 Kinder mit denen zum Thema gearbeitet wurde. Der Dreist e.V. steht für weitere Beratungen zur Verfügung.

Interessierte Einrichtungen können sich direkt an den Verein wenden. Mehr Informationen gibt es unter www.dreist-ev.de

Quelle: Eberswalder Blitz

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