Lokal.report | Ich mag das nicht!

GrenzWerte gegen Anmache und sexuellen Missbrauch

Region. „Wir machen jetzt ein ganz schönes Weichei-Foto von dir“, frotzelt Anna, die Tobi gerade sein Handy geklaut hat. „Und dann stell ich das ins Netz.“ Was sich hier im Teltower Anne-Frank-Hort abspielt, heißt gemeinhin Cybermobbing. Den meisten der anwesenden Hortkinder ist facebook bereits ein Begriff. Tale Meyer vom DREIST e.V. macht ihnen mit einigen Worten aber noch einmal klar, was sie unter diesem sozialen Netzwerk zu verstehen haben

Anna und Tobi heißen im realen Leben Martine Schoenmakers und Dieter Bolte. Die 30- und der 42-Jährige sind Theaterpädagogen und klären im Rahmen des Projektes GrenzWerte spielerisch über jene grenzverletzenden Übergriffe auf die Persönlichkeiten von acht- bis zwölfjährigen Kindern auf. Zugleich vermitteln die beiden Strategien, Übergriffe, seien sie sexueller oder virtueller Natur, als solche zu erkennen, zinzuordnen und ihnen vorzubeugen bzw. entgegenzuwirken. Man muss die Oma auch nicht auf den Mund küssen,, wenn man nicht mag. Doch gerade für Kinder ist es in solchen Situationen schwierig zu wissen, dass sie nein sagen können. Und das interaktive Theaterstück, das Schoenmakers und Bolte mit den Anne-Frank-Kinder durchexerzieren, ist nur ein Teil des Gesamtprojektes.

Solveig Holler, Leiterin des „Unternehmens Kindertagesstätten“ Teltow, zu dem auch der Anne-Frank-Hort gehört, hat schon des Öfteren mit dem DREIST e.V. zusammengearbeitet. „Das war ja für mich so interessant“, schwärmt sie über den Präventionsverein. „Die arbeiten ganzheitlich. Mit Eltern und Team – das ist nicht nur Puppentheater.“ Und in der Tat hat sich DREIST e.V. „Primärprävention von sexuellem Missbrauch, einschließlich er neuen Formen von virtuellen Übergriffen zu Cybermobbing“ auf die Fahne seines GrenzWerte-Projektes geschrieben. „Wir machen Eltern- und Erzieherschulungen, fortbildungen bei sexuellem Missbrauch. Was tue ich bei Verdacht?“, erklärt Anke Sieber vom DREIST e.V. „Beim GrenzWerte-Projekt wollen wir auch Medienkompetenz vermitteln.“ Finanziell unterstützt wird der Verein von der Atkion Mensch, der Stiftung Großes Waisenhaus zu Potsdam und der Heidehof Stiftung.

Immerhin kommuniziert die anvisierte Altersgruppe zum großen Teil ganz selbstverständlich über soziale Netzwerke. Foto-, video- und internetfähige Mobiltelefone sind bereits Standard bei Kindern und Jugendlichen. Damit hört sexuelle Belästigung auch nicht vor dem virtuellen Raum auf. Der Begriff Cybergrooming geistert seit Jahren durch die Web-Gemeinde. Gemeinst ist das gezielte Ansprechen von Personen in Chat Rooms oder Foren, um sexuelle Kontakte anzubahnen. In Deutschland bezieht sich Cybergrooming auf Minderjährige. In der Regel wird sich im Internet das Vertrauen von Kindern und Jugendlichen mit dem Ziel erschlichen, kinderpornografische Aufnahmen anzufertigen oder anderweiteigen sexuellen Missbrauch in die Wege zu leiten.

Eine Studie des Deutschen Jugendinstituts belegt, dass fast jeder zweiten Bildungs- und Erziehungseinrichtung Kenntnisse von sexuellem Missbrauch gegen Minderjährige aus ihrem Hause vorliegen. Die Dunkelziffer wird wie imer höher sein. Und Grenzüberschreitungen fangen oft weitaus früher an. „Ich mag das nicht“, erklärt ein Mädchen aus dem Anne-Frank-Hort, „und ich muss auch immer bei meiner Oma auf dem Schoß sitzen.“

Quelle: Lokal.report, 1.8. 2013

Text / Foto: Rolf Niebel

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